Im Jahr 2012 machten Archäologen in Jamestown, der ersten englischen Siedlung in Nordamerika, eine erschütternde Entdeckung: Ein menschlicher Schädel, der Hinweise auf die extremen Bedingungen der frühen Kolonie liefert. Forschungen deuten darauf hin, dass das Schädelfragment zu einem etwa 14-jährigen Mädchen gehörte, das während des sogenannten „Starving Time“ im Winter 1609–1610 starb.
Ein Einblick in die Hungersnot von 1609–1610
Die Jamestown-Siedler litten in ihren ersten Jahren unter extremen Entbehrungen. Harte Winter, Missernten und Konflikte mit den indigenen Stämmen führten dazu, dass die Nahrung knapp wurde. Historische Berichte und archäologische Funde zeigen, dass die Kolonie während dieser Zeit an der Grenze des Überlebens operierte.

Die Entdeckung des Schädels inmitten von Tierknochen und anderen Essensresten deutet darauf hin, dass die Leiche des Mädchens möglicherweise als Nahrung diente – ein erschütternder Hinweis auf die verzweifelten Maßnahmen der Überlebenden.
Weitere archäologische Hinweise
Neben dem Schädel wurden auch Knochen ihres Beins gefunden, die mit ähnlichen Schnittspuren versehen waren wie die umgebenden Tierknochen. Diese Anzeichen deuten darauf hin, dass das Mädchen nach ihrem Tod verarbeitet wurde, wie es in extremen Hungersituationen dokumentiert ist.
Die Funde stammen aus einer Schicht, die von den Archäologen als „Abfallgrube“ der Siedler identifiziert wurde. Hier wurden Essensreste und Tierknochen entsorgt – ein makabres Zeugnis der Lebensumstände in der ersten englischen Kolonie Nordamerikas.

Bedeutung für die Forschung
Diese Entdeckung liefert wichtige Einblicke in das Leben und Sterben in Jamestown. Anthropologen und Historiker nutzen solche Funde, um ein besseres Verständnis für die sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Bedingungen der Siedler zu gewinnen.
Die Analyse der Knochen zeigt nicht nur Spuren von Hunger und Stress, sondern auch Hinweise auf medizinische Praktiken und Ernährungsmuster der Zeit. Es ist ein tragisches Beispiel dafür, wie extrem die Überlebensbedingungen im frühen 17. Jahrhundert gewesen sind.
Öffentliche Resonanz und ethische Diskussionen
Die Funde haben auch ethische Diskussionen ausgelöst: Wie sollen Archäologen mit menschlichen Überresten umgehen, insbesondere wenn Hinweise auf Kannibalismus vorliegen? Viele Fachleute betonen, dass es sich um eine wissenschaftliche Untersuchung handelt, die helfen soll, die Geschichte authentisch zu rekonstruieren, ohne die Opfer zu sensationalisieren.

Die Entdeckung erinnert daran, dass die Geschichte der frühen Kolonien nicht nur von Expansion und Entdeckung, sondern auch von Leid, Hunger und extremen Überlebensstrategien geprägt war.
Fazit
Der Schädel des 14-jährigen Mädchens aus Jamestown ist ein mahnendes Zeugnis der menschlichen Verzweiflung in den Anfängen der englischen Kolonisation in Nordamerika. Archäologische Untersuchungen wie diese eröffnen neue Perspektiven auf die Lebensumstände der Siedler, den harten Winter der Jahre 1609–1610 und die extremen Maßnahmen, die Menschen in lebensbedrohlichen Situationen ergriffen.
Jamestown bleibt damit ein zentraler Ort für die Erforschung der frühen Kolonialgeschichte, der Forscher weiterhin vor neue Fragen über Überleben, Moral und menschliche Anpassungsfähigkeit stellt.